Die zweite E-Mail findest Du hier: Mail 2

Hallo!

schön, das Du wieder da bist.

Also an dem besagten morgen, wo mir die Schuhe abhanden gekommen sind, traf ich einen Typen, den nannten sie Maurer und der hatte noch einen Freund dabei. Wir tranken am Wilhelmsbau ein paar Bier. Plötzlich fing der Maurer davon zu reden an, dass wir doch eine Lottogemeinschaft bilden sollten.

Da fällt mir gerade ein…Ich weiß noch, wie ich für meinen Vater stapelweise Lottoscheine abgab und immer so um die 200,- bis 300,- DM dafür bezahlte. Er hatte sich in ein System eingearbeitet, das ihm die seit Beginn des Lottos, am meisten ausgegebenen Zahlen lieferte.

Soweit ich mich erinnern kann, waren die einstelligen die, die am seltensten gezogen wurden. Ja und er gewann damit tatsächlich immer Mal wieder kleinere Summen und später sogar mal 50 000,- Mark.

Wie dem auch sei, ich sagte zu und wir füllten zusammen den Lottoschein aus und gaben ihn ab.

Nun begann das Träumen, was ein jeder so mit seinem Gewinn anstellen würde…
Vielleicht fragst Du Dich, was die ganze Geschichte jetzt mit Selbstliebe zu tun hat? Genau das habe ich mich auch gefragt – und versucht darauf eine ehrliche Antwort mir selbst gegenüber zu geben. Ich fragte mich, inwieweit meine Liebe zu mir selbst damals ausgebildet war.

Zurück geschaut, war ich sehr weit von mir entfernt. Zu mir stehen, konnte ich aufgrund meiner Obdachlosigkeit, nur schwerlich. Und von Selbstliebe gehört, habe ich erst viele Jahre später.

Mich selbst lieben, konnte ich damals nicht und doch wurde genau in dieser Zeit, dieser Wunsch in mir geweckt. Ich traf einige Menschen, die tief mit sich selbst verbunden waren.

Und glaube mir, ich habe großartige Menschen kennengelernt. Ich erinnere mich noch sehr lebhaft an einen kleinen jungen Mann von ca. 23 Jahren. Ich traf ihn immer mal wieder, einen Sommer lang und wir führten sehr interessante Gespräche.

Du musst wissen, das das auf der Straße zu sein, auch ein Realitätswechsel beinhaltet. Man ist raus aus der Gesellschaft, sozusagen – Vogelfrei - auch in seinen Gedanken.
Wie ich damals diesem kleinen schlanken jungen Mann zum ersten Mal begegnete, war mir wie in Tausend und einer Nacht zumute.

Er hatte Grüne Augen, in denen ein glitzern war, wie ich es bis dahin und auch bis heute nie wieder sah. Ich wusste aus unseren Gesprächen, dass er viel meditierte, und wie ich, keinen festen Wohnsitz hatte.

Einer bestimmten Glaubensrichtung gehörte er meines Wissens nicht an. Er trug die Liebe zu sich selbst, wie ein Gewand, man sah und spürte es. Wobei die meisten ihn sicherlich für einen ziemlich armen Menschen hielten. Mit seinen abgetragenen Kleidern und ohne Schuhe…

Durch diese Begegnung, ist in mir der Wunsch entstanden, mehr Zeit mit mir selbst zu verbringen. Also mehr auf mein inneres, statt auf das äußere zu hören. Der Weg zur Selbstliebe begann…

Ach so… wie es mit dem Lotto weiterging, erzähle ich Dir beim nächsten Mal. Sonst wird es noch ein Buch :-)

Also bis dann…

Alles Liebe auch von Anita
Frank Vejvoda