Die dritte E-Mail findest Du hier: Mail 3

Hallo,

in meiner ersten E-Mail habe ich ja angekündigt, Dir zu erzählen, wie es dazu kam, dass ich auf der Straße landete. Also,…

Zu meinem 16 Lebensjahr war ich mittellos, ohne Zuhause, auf mich alleine gestellt. Ich wohnte mal hier und da und versuchte meine damalige Ausbildung als Kfz-Mechaniker zu bestehen.

Das brachte mich in ein Heim, welches im Zentrum von Stuttgart lag. Zu meinem 17 Lebensjahr, standen meine Habseligkeiten, in blauen Säcken gepackt vor der Eingangstür. Wie das kam? Mein unbändiger Freiheitsdrang und ein Ausflug, wo man mich in München per Polizei wieder aufgabelte, sorgten dafür.

Es war ein glatter Rauswurf – allerdings mit Vorwarnung. Ich versuchte noch ein paar Tage, meine Ausbildung aufrecht zu erhalten. Am Ende saß ich dann aber auf der Straße. Komisch dabei war, dass ich zu anfangs hungerte. Obwohl meine Eltern, nur 15 Minuten per Straßenbahn, vom Zentrum entfernt wohnten. Nur dahin konnte und wollte ich zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr.

Aufgewachsen bin ich in einer Familie mit 5 Kindern. Ich habe in neun Schuljahren 13 Mal die Schule gewechselt. Bin von Nord nach Süd und von Ost nach West, in fast ganz Deutschland umhergezogen.

Warum?

Das ganze fing schon weit vor meiner Geburt an: Meine Eltern, hatten sich für die Gastronomie entschieden und hatten, ehe ich auf die Welt kam, schon viele Restaurants und Gaststätten. Ich selbst habe meine Kindheit als ständige Bedrohung in Erinnerung. Psychoterror, beschreibt es wahrscheinlich am besten.

Um es kurz zu machen, meine Eltern pflegten ein Leben, bei dem sie sich immer wieder im Kreis drehten.

Das ganze lief meistens so:

Es wurde vor Anfang einer neuen Saison, ein Hotel oder Restaurant, in einer beliebten Touristengegend gepachtet. Währen der Saison, war so viel zu tun, das selbst zum streiten kaum Zeit war. Näherte sich die Saison jedoch dem Ende, war es für uns Kinder auch immer das Ende. Unsere Eltern fingen an sich zu streiten. Oft schnappte meine Mutter sich ein paar von uns Kindern, steckte uns alle in ein Taxi und fuhr aufs geradewohl von dannen.

Es passierte, als ich schon älter war, das meine Mutter für ein halbes Jahr in einem Hotel mit mir und zwei meiner Brüder wohnte. Mir war es sehr peinlich, das Hotel Prinz als mein Zuhause anzugeben. Weil wir dort ja als Gäste wohnten…

Nun, das ging all die Jahre hindurch immer so weiter. Mein Vater hat es bis zuletzt noch immer wieder geschafft, die Familie zusammen zu bringen. Das hielt nur meist nicht lange vor. Und wenn meine Eltern mal wieder vor ihren Prospekten zusammensaßen, wussten wir Kinder, dass ein neuer Umzug bevorstand.

Ausgezogen bin ich dann zu dem Zeitpunkt, als mein Vater mal wieder meine Mutter verprügelte. Ich habe mir erlaubt, ihm meine Meinung darüber zu sagen, wobei ich dann auch die Faust mitten ins Gesicht bekam.

Doch der eigentliche Grund, war aber folgender.

Zwei drei Tage später, sollte ich zum Friseur. Mein Vater hatte mir zuletzt, als es mal wieder eine Familien-Zusammenführung gab, versprochen, dass ich meine Haare wachsen lassen durfte.

Jetzt hieß es plötzlich Streichholz lang sonst Glatze. Das war mir dann einfach zu viel. Ich packte schnell ein paar Sachen zusammen und ging erst einmal zu meinen beiden älteren Geschwistern auf die Schwäbische Alb. Meine beiden Geschwister, hatten in noch jüngerem Alter als ich, schon das Weite gesucht.
Sie hatten dort, wenig verwunderlich zusammen eine Kneipe aufgemacht…

Sie rieten mir dringend, schon wegen der Ausbildung, mich beim Jugendamt zu melden. Das tat ich dann auch. Ich war sehr überrascht, als ich feststellen musste, dass mein Nachname ausreichte, um einen Heimplatz zu bekommen. Im Nachhinein weiß ich schon warum. Denn die Polizei, war hin und wieder bei einem Familienstreit vor Ort.

Ja, so war das…

Ich hoffe, es ist für Dich in Ordnung, dass ich so offen von mir erzähle.

Oh, wie die Zeit beim schreiben vergeht. Dabei wollte ich dir doch noch erzählen, wie es mit dem Lottoschein weitergeht. Das werde ich dann jetzt aufs nächste Mal verschieben.
Falls Du mir weiter folgen willst…

Anita und ich wünschen Dir einen erlebnisreichen Tag.

Alles Liebe
Frank Vejvoda